Ich war gestern (Samstag) auf der Mariahilferstrasse einkaufen. Warum? Weil ich das Gefuehl liebe in der Menge zu baden? Nein - Ich hatte halt gestern die Eingebung, dass ich eine kleine Pinwand brauche um mein Whiteboard ein wenig zu entlasten. Und haette ich das nicht gestern besorgt, dann haette mich diese offene besorgung bis montag beschaefftigt..
..eigentlich bedenklich - dieser drang - eigentlich schon zwang - etwas jetzt gleich kaufen zu muessen. nun - nachdem was ich gestern so gesehen habe: nein. in der form in der ich das bei mir beobachten kann ist das in keinster weise bedenklich.
Vielleicht ist ja ein samstag kurz vor Weihnachten nicht representativ fuer unsere Gesellschaft. Vielleicht muss man sich aber manchmal etwas einfach nur vergroesstert ansehen damit einem ein phaenomen so richtig begreiflich wird (bewusst - im sinne von wissen - war mir das ja schon laenger).
Victor Lebow hat in den 50er Jahren geschrieben:
Our enormously productive economy ...demands that we make consumption our way of life, that we convert the buying and use of goods into rituals, that we seek our spiritual satisfaction, our ego satisfaction, in consumption... We need things consumed, burned up, worn out, replaced, and discarded at an ever increasing rate.
Kann man die westliche lebensweise besser auf den punkt bringen? Die belibtesten Freizeitbeschaeftigungen in der westlichen Welt sind: Shoppen und Fernsehen! Einkaufen als Freizeitbeschaeftigung? Warum nicht auch gleich Putzen, Geschirrspuelen und Waesche waschen. Ok - die meisten Sachen die ich kaufe machen mir in der einen oder anderen weise freude (woran man sehen kann das ich gerne esse, denn neben miete, gas, strom, internet und solchen dingen geht dafuer wohl das meiste geld drauf

. Aber ich hab dann meine Freude mit dem gekauften Gut, nicht mit dem einkaufen, ich freuhe mich ja auch ueber eine geputzte wohnung, sauberes geschirr und saubere klamotten. Trozdem wuerde ich nicht auf die idee kommen Putzen, Geschirrspuelen und Waesche waschen als Freizeitbeschaeftigungen zu bezeichnen!
Aber die Leute gestern: Auf der Mariahilferstr. war es echt nicht lustig! Wenn man nicht auf Spezialkassen ausgewichen ist (im Saturn z.Bsp. ist an solchen Tagen die Kasse zur Tiefgarage sehr empfehlenswert: an so einem Tag kommen die wenigsten auf die idee mit dem auto zum Gerngross zu fahren - und dann blenden sie alle aus dass es diese Kasse gibt). Nichtsdestotrotz hat das den meisten wirklich spass gemacht!
Seit der flaechigen Einfuehrung des kuenstlichen Lichts ist in der westlichen Welt die Zahl der Schlafstunden sukzessive zurueckgegangen? Und wozu? Damit mir mehr Zeit fuer unsere Hobbies, mehr zeit fuer kreative Entfaltung haben? Nein: Fuer Shoppen und Fernsehen.
Neben der auswirkungen die das sich immer schneller drehende Konsumrad auf die Oekologie hat mache ich mir da ehrlich gesagt auch eine menge sorgen um die psychische Volksgesundheit. "Jeder Mensch brauch ein Hobby!", ist ein gaeniger Ausspruch. Zumindest war er das mal.. Wo sind sie hin - die Heerscharen von Hobbyisten. Ich kann mich noch gut erinnern, dass in den 80ern das Wort Hobby deutlich oefter gefallen ist als heute. Jeder hat ein gewisses kreatives Potential - und meiner beobachtung nach werden die Menschen ungluecklich wenn sie dem nicht nachgehen. Modellbau, Musik, Zeichnen und Malen, Tanz, Schreiben, Elektronikbasteln, uvm. all das sind moegliche Ventile die den Menschen das Gefuehl geben etwas geschaffen, etwas erschaffen zu haben. Gerade in einer Zeit mit Fliessbandarbeit, bei der kaum ein Arbeiter sich mit dem finalen Produkt identifiziert, und Buerojobs, wo es sowas wie ein greifbaren Produkt gar nicht mehr gibt, halte ich so ein Ventil fuer wichtiger denn je.
Ich denke, dass Shoppen sogar mit genau diesem Trieb etwas zu erschaffen spielt. Nur stellt man halt nichts neues her sondern kauft einfach was neues stattdessen. Das ist viel bequemer. Aber es fehlt auch voellig die Identifikation mit den Sachen und so muss man halt weitershoppen und die befriedigung auf einem hohen niveu zu halten. Gottseidank gibt es ja Fernsehen. Das ist dann die Kompensation dafuer, dass im eigenen Leben so wenig passiert. Und es ist ebenfalls viel bequemer als selbst etwas zu erleben.
Wir muessen uns als Gesellschaft aendern. Von einer Kosumgesellschaft zu einer Kreativgesellschaft. Wer dabei um das wirtschaftliche gefuege fuerchtet der hat das nicht zu ende gedacht und ist im industriellen zeitalter steckengeblieben: denn erstens werden die leute immer das ihnen zur verfuegung stehende geld ausgeben. dann halt eben in gueter die langlebiger sind, hoehere qualitaet besitzen und weniger moralischen verschleisz aufweisen und dafuer aber auch teurer sind. zweitens kann man auch mit den hobbies der leute viel geld verdienen, und drittens leben wir im informations- und dienstleistungszeitalter: es ist nicht notwendig mmer schneller immer mehr gueter herzustellen und zu verschrotten um das geld in bewegung zu halten - das geht sehr gut mit produkten die man nicht wegwerfen kann weil sie keine objekte im physikalischen sinne sind.